Wie übt man richtig ein Vorkaufsrecht an einer Liegenschaft aus? (OGH, 11.03.2008, 4 Ob 14/08z)
§ 1075 Satz 1 ABGB verlangt für die Ausübung des Vorkaufsrechtes an einer Liegenschaft eine „wirkliche Einlösung“. Hintergrund dieser Vorschrift ist, dass der Eigentümer, der die Liegenschaft verkaufen möchte, daran nicht von einem vielleicht zahlungsunfähigen Vorkaufsberechtigten gehindert werden soll. Möchte ein Vorkaufsberechtigter dieses Recht ausüben, dann bedarf es nicht nur einer entsprechenden Ausübungserklärung, sondern auch einer fristgerechten Leistung jenes Kaufpreises, den der Drittkäufer zu zahlen bereit gewesen wäre. Das wiederum kann für den Vorkaufsberechtigten riskant sein. Muss er, damit er sein Vorkaufsrecht wirksam ausüben kann, den Kaufpreis an den Liegenschaftseigentümer überweisen ohne sicher zu sein, dass er als Käufer der Liegenschaft im Grundbuch eingetragen wird?
Der Oberste Gerichtshof hat sich mit dieser Frage kürzlich neuerlich befasst. In dem Rechtsfall, der dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde, hat der Vorkaufsberechtigte nicht nur ausdrücklich erklärt, dass er sein Vorkaufsrecht ausüben möchte, sondern auch eine Bankgarantie über den gesamten (mit dem Dritten) vereinbarten Kaufpreis sowie die auf das Rechtsgeschäft entfallenden Nebengebühren (Eintragungsgebühr und Grunderwerbssteuer) von seiner Bank stellen und deren Original an den für die Vertragsabwicklung mit dem Dritten vorgesehenen Treuhänder übermitteln lassen. Mit der Bankgarantie verpflichtete sich die Bank unwiderruflich, über schriftliche Aufforderung des Vertragsverfassers und Treuhänders ohne Prüfung des Rechtsgrundes und unter Verzicht auf jedwede Einrede Zahlung bis zur konkret angeführten Höhe des mit dem Dritten vereinbarten Kaufpreises und Nebengebühren zu leisten. Das hat der Oberste Gerichtshof als „wirkliche Einlösung“ im Sinne des § 1075 Satz 1 ABGB angesehen.