Die Klauselentscheidungen des OGH – Fairness im Mietrecht möglich?
Das Mietrechtsgesetz (MRG) stellt den Mindestkompromiss, auf welchen sich die politischen Kräften der Republik Österreichs (oftmals gerade noch) einigen können, dar. Das durchaus legitime Interesse des Vermieters besteht darin aus der Vermietung seines Eigentums den bestmöglichen Ertrag zu erzielen, wohingegen Mieter unter anderem ein legitimes Interesse daran haben mit einer rechtlich klaren Situation und dem angemessenen Mietzins bzw dem richtigen Mietzins im Sinne des Richtwertgesetzes konfrontiert zu sein. Vermieter sind vor den Mietengerichten mit einer rechtlich schwierigen Situation konfrontiert.
Vermieter sind vor dem Hintergrund eines Schutzgesetzes zugunsten der Mieter (MRG) deshalb bemüht im Zuge der Begründung von Mietverhältnissen, zu einem Zeitpunkt in dem sie eine im Vergleich zum Mieter bessere Machtsituation haben, durch (einseitige) Vertragsbestimmungen ihre rechtliche Situation zu verbessern. Dies hat schlussendlich zu Mietvertragsklauseln geführt, welche der Oberste Gerichtshof im Zuge der sogenannten Klauselentscheidungen (7 Ob 78/06v und 1 Ob 241/06g) als konsumentenschutzwidrig erkannt hat. Konsumenten gegenüber dürfen Gewährleistungsbestimmungen nicht eingeschränkt werden. Gegenüber Konsumenten gilt darüber hinaus das Gebot der Transparenz von Vertragsbestimmungen. Verträge sollen nachvollziehbar und für einen Konsumenten, gemessen am durchschnittlichen Empfängerhorizont, verständlich sein.
Diese Entwicklung war und ist nicht verwunderlich. Das am Schutzgedanken orientierte Mietrechtsgesetz und die Angst der Vermeiter von diesem besonderen Schutz ihrer Vertragspartner hat zu schwer nachvollziehbaren Verträgen geführt, die oftmals im einseitigen Interesse der Vermieter gelegen waren. Die optimale Situation bei Begründung und Rückstellung von Mietverhältnissen würde wohl darin bestehen, dass der Vermieter dem Mieter ein perfektes Mietobjekt übergibt; frisch ausgemalt und versehen mit voll funktionsfähigen technischen Anlagen (einer neuen Therme). Genauso sollte es selbstverständlich sein, dass Vermieter nach Vertragsbeendigung das Objekt in „tip-top“-Zustand zurückgestellt erhalten. Diese idealtypische Situation liegt in der Praxis nicht vor.
Bei einem unbefristeten Mietverhältnis, welches oft Jahrzehnte dauert, stellt es wohl keine sittenwidrig unzumutbare Belastung des Mieters dar, wenn er dieses Objekt nach Beendigung des Mietverhältnisses einer vertraglichen Verpflichtung folgend neu ausgemalt zurückstellt. Der Oberste Gerichtshof hat mit Entscheidung 10 Ob 79/07a für den Fall des Geschäftsraummieters bereits klargestellt, dass bei einem unbefristeten Mietverhältnis die Verpflichtung das Mietobjekt bei Rückstellung neu auszumalen keine sittenwidrige Vertragsbestimmung im Sinne des § 879 Abs. 1 ABGB ist. Dies ist bei einem unbefristeten Mietverhältnis zweifellos auch für Wohnungsmieter sachgerecht. Wer hat denn kein Interesse daran seine Wohnung, in der er viele Jahre wohnt, gelegentlich neu auszumalen, um entsprechend angenehm und schön zu wohnen. Bei einem befristeten Mietverhältnis wird dies anders zu sehen sein.
Bei Kurzzeitmietverhältnissen, vielleicht auch auf bloß drei Jahre, wird die Verpflichtung ein Mietobjekt „neu ausgemalt“ rückzustellen, etwas einseitig sein. In der gesamten bisherigen öffentlichen Diskussion zur Erhaltungspflicht wird ein Grundgedanke des Mietrechtsgesetzes übersehen. Sofern den Vermieter die Erhaltungspflicht im Sinne des § 3 MRG trifft, ist es seiner Entscheidung überlassen, auf welche Weise er sein Eigentum erhält. Der Mieter ist nicht berechtigt dem Vermieter bei der Ausübung der Erhaltungspflicht im Sinne des § 3 MRG Vorschriften zu machen. Wird also die Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Erhaltungspflicht in konsumentenschutzrechtlicher Hinsicht fortgeführt und verschärft, ist zu befürchten, dass Vermieter in Erfüllung der Erhaltungspflicht nur das „Notwendigste“ machen; damit sind geringfügige Reparaturen, um die Therme gerade noch brauchbar zu erhalten, gemeint. Wer andererseits als Mieter einer älteren Judikatur des Obersten Gerichtshofes folgend (7 Ob 2170/96k) eine nicht mehr brauchbare Therme selbst durch eine neue Therme ersetzt hat, darf sich nicht als „Verlierer“ des Judikaturwandels auffassen, zumal die Rechtsprechung diesbezüglich nach wie vor in Bewegung ist (39 R 307/07x vom 27.2.2008). § 10 MRG sieht, bei Einhaltung bestimmter Formvorschriften, einen Investitionsersatzanspruch des Mieters vor.
Gerade die Anschaffung von modernen Erfordernissen entsprechenden Einrichtungen ist im Sinne des § 10 Abs. 3 Z 1 MRG als privilegierte Maßnahme ersatzfähig sofern der Wert der Investition (nach 10 Jahren) noch nicht ganz abgeschrieben ist. Durch die Wohnrechtsnovelle 2006 wurde die Neuanschaffung einer schadhaft gewordenen Heiztherme oder eines Wasserboilers ausdrücklich in § 10 Abs. 3 Z 1 MRG als ersatzfähige Investition aufgenommen. Wie sich Mieter nunmehr verhalten wollen oder es vernünftigerweise in Zukunft tun sollten, wird sich nach dem Wohnzweck und der Lebensplanung richten.
Wer über unbefristete Hauptmietverhältnisse verfügt und im Zuge seiner Lebens- und Familieplanung die Entscheidung getroffen hat eine Wohnung Jahre oder sogar generationenlang (Weitergaberechte und Eintrittsrechte im Sinne des §§ 12 und 14 MRG sind hier angesprochen) zu nutzen investieren. Wer hingegen über einen befristeten Mietvertrag verfügt, wird weniger Interesse an Investitionen auf das Mietobjekt haben und unter Umständen auch mit „notdürftigen Reparaturen“ durch den Vermieter im Zuge seiner Erhaltungspflicht zufrieden sein.
Zum Autor: Dr. Erich René Karauscheck ist ein auf Immobilienrecht spezialisierter Partner der Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Biberstraße 15, Telefon 515 06, Fax 515 06 16, e-mail Erich.Karauscheck@ttplaw.at