Wohnrechtsnovelle 2009

Die Wohnrechtsnovelle 2009 (WRN 2009) bringt in verschiedenen Gesetzen, so im Mietrechtsgesetz (MRG), dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und dem Heizkostenabrechnungsgesetz sowie im Richtwertgesetz kleinere, vor allem wirtschaftlich motivierte punktuelle Änderungen. Die große Neuregelung der Erhaltungspflicht, wie sie aufgrund der ersten Entscheidungen des OGH zur Frage der Erhaltung im Mietrecht („Klauselentscheidungen“) virulent geworden ist, wurde vom Gesetzgeber nicht in Angriff genommen. Die letzte Thermenentscheidung des OGH (5 Ob 17/09z) relativiert die Überlegungen zu einer größeren Gesamtnovelle des MRG; in Anbetracht der nunmehr erfolgten Klarstellungen des OGH ist fraglich, ob solch eine Gesamtnovelle überhaupt noch nötig ist.

Die Richtwerte werden infolge der Novelle 2009, welche diesbezüglich mit 31.03.2009 in Kraft tritt, künftig nicht mehr jährlich, sondern nur noch alle zwei Jahre valorisiert und zwar erstmals zum 01.04.2010. Heuer bleibt also der Richtwert unverändert und es wird künftig nur noch alle zwei Jahre eine Anpassung geben. Hierbei handelt es sich eindeutig um eine Anlassgesetzgebung; vor dem Hintergrund wirtschaftlich schwieriger Zeiten sollte eine Belastung der privaten Haushalte durch das jährliche Ansteigen der Richtwerte und damit der Valorisierung des Mietzinses vermieden werden. Ob dies ein verfassungsgesetzlich bedenkliches „Sonderopfer“ der Vermieterseite darstellt und / oder ob diese Anlassgesetzgebung bei Besserung der allgemeinen Wirtschaftssituation rückgängig gemacht wird, bleibt abzuwarten.

Durch den neuen § 16b MRG werden eine Vielzahl an Sach- und Rechtsfragen rund um die Kaution im Mietrecht neu geregelt:

-) Eine nicht bereits als Sparbuch übergebene Kaution ist zukünftig vom Vermieter entweder auf einer Spareinlage fruchtbringend (verzinst) oder in einer hinsichtlich Verzinsung, Sicherheit (der Gesetzgeber meint die Einlagensicherung) und Abgrenzung vom Vermietervermögen gleichwertiger Art zu veranlagen. Eine Kautionsbestellung, durch eine Bankgarantie, ist weiterhin zulässig. Es ist darauf zu achten, dass es sich um eine abstrakte Bankgarantie handelt, die jedenfalls auszuzahlen ist. Einwendungen aus dem Grundgeschäft (die Frage, ob die Kaution zu Recht gezogen wurde oder nicht) dürfen nicht zulässig sein. Nur dadurch wird die abstrakte Bankgarantie zu einem gleichwertigen Sicherungsmittel; dem Mieter kommt sowohl bei der übergebenen Barkaution als auch bei einer als Sparbuch übergebenen Kaution die Rolle als Anspruchsteller im Rückforderungsverfahren zu. Der Vermieter soll jedenfalls aus der Kaution sofort seine (allenfalls auch nur vermeintlichen) Ansprüche befriedigen können. Nachfolgend im Gerichtsverfahren ist zu klären, ob die Kaution zu Recht gezogen wurde. Es empfiehlt sich darüber hinaus, nur Bankgarantien größerer Bankinstitute, welche auch ihren Sitz im Inland haben, zu akzeptieren.

Die vom Gesetzgeber angesprochene fruchtbringende Veranlagung bedeutet, dass eine ständige Beobachtung des Kapitalmarktes nicht erforderlich ist. Die bestmögliche Verzinsung ist nicht gefordert.

-) Bei Vertragsende ist dem Mieter die Kaution samt Zinsen unverzüglich zurückzustellen, soweit sie nicht zur Tilgung berechtigter Vermieterforderungen (z.B. Schäden am Bestandobjekt, Mietzinsrückstand) heranzuziehen ist. Mit der Verpflichtung zur unverzüglichen Zurückstellung meint der Gesetzgeber, dass unmittelbar nach Rückstellung des Mietobjektes den Vermieter die Verpflichtung trifft, zügig alle notwendigen Maßnahmen zur Feststellung allfälliger Forderungen durchzuführen. In manchen Mietverträgen gab es eine vertraglich vereinbarte Überlegungsfrist, z.B. eine Prüffrist von vier Wochen, manchmal sogar acht Wochen; diese ist vom Gesetzgeber offensichtlich nicht erwünscht. Eine angemessene Prüf- und Überlegungsfrist wird der Vermieter, welcher den Schadensumfang im Zuge einer Wohnungsbegehung vermutlich nicht am Tag der Rückstellung des Objektes (auch der Höhe nach) feststellen kann, zuzubilligen sein. Wochenlange oder gar monatelange Säumigkeiten des Vermieters sind mit dem neuen Gesetz zweifellos nicht vereinbar, zumal Kostenvoranschläge für die Behebung der Schäden erfahrungsgemäß in kurzer Frist eingeholt werden können. Eine gesetzliche Sanktion für den Verstoß gegen diese Vorschrift gibt es nicht. Ab Fälligkeit der Kaution ist allerdings dem Mieter – im Falle des Obsiegens im gerichtlichen Verfahren – auch der Zinsenschaden aus der Verzögerung zu bezahlen.

-) Im Konfliktfall sind nunmehr Rechtsstreitigkeiten über Rückforderungsansprüche des Mieters (aus der Kaution), selbst im Teilanwendungsbereich des MRG, im mietrechtlichen Außerstreitverfahren zu prüfen. Dies kann in Wien zu einer Entlastung der Gerichte führen, da dem Bezirksgericht die Schlichtungsstelle zwingend vorgelagert ist. Obwohl nunmehr in mietrechtlichen Außerstreitverfahren ein Kostenersatz stattfindet, kommt es infolge der gesetzlichen Streitwerte im Sinne des § 10 Punkt 3 RATG zu einer Kostenerleichterung für Mieter, welche ein reduziertes Kostenrisiko infolge des gesetzlich reduzierten Streitwertes im mietrechtlichen Außerstreitverfahren gewärtigen können. Methodisch stellt dies einen Bruch im Gesamtsystem des MRG dar, da bislang stets der Grundsatz vorgeherrscht hat, dass strittige Sachverhalte von den Bezirksgerichten im ordentlichen Rechtsweg (sohin nicht im mietrechtlichen Außerstreitverfahren) geprüft werden müssen; wie die Schlichtungsstellen der Gemeinden, welche im Sinne des § 39 MRG den Gerichten (dort wo Schlichtungsstellen eingerichtet sind), vorgelagert sind, mit der Herausforderung der Feststellung strittiger Sachverhalte in mietrechtlichen Außerstreitverfahren umgehen werden, bleibt abzuwarten. Infolge der sukzessiven Kompetenz des § 40 MRG kann die Entscheidung der Gemeindeschlichtungsstelle begründungslos durch Anrufung des Gerichtes beseitigt werden; gleiches gilt, wenn die Schlichtungsstelle nicht binnen drei Monaten die Rechtssache zum Abschluss bringt. Dies kann durchaus dazu führen, dass bei zukünftigen Kautionsrückforderungsverfahren ein gewisser, mindestens drei Monate andauernder Zeitverlust entstehen kann.

-) Bei Insolvenz des Vermieters darf die Kaution (natürlich) nicht für „mietvertragsfremde“ Ansprüche, insbesonders nicht zur Befriedigung der Gläubiger des Vermieters herangezogen werden. Diese sinnvolle Novellierung setzt voraus, dass ein Kautionssparbuch ausdrücklich als solches bezeichnet und gewidmet wird. Damit wird dem Bankinstitut und allen im Zuge eines Insolvenzverfahrens Beteiligten deutlich signalisiert, dass Fremdgeld vorliegt, welches gesetzlichen Absonderungsansprüchen unterliegt. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass beim Zusammenfallen von Mietvertragsende und Vermieterinsolvenz der Mieter ein Recht auf abgesonderte Befriedigung seines Rückstellungsanspruches aus der Kaution hat (der Anspruch auf Rückerstattung der Kaution unterliegt also nicht der Konkursquote).

Die gesamte Neuregelung gilt auch im Teilanwendungsbereich des § 1 Abs. 4 MRG, nicht aber für reine ABGB Verträge und ist mit 01.04.2009 in Kraft getreten. Für Verträge, welche vor dem 01.04.2009 abgeschlossen wurden, gilt, dass der Vermieter die von ihm entgegengenommene (Bar-) Kaution, so er sie noch nicht veranlagt hat, innerhalb einer Übergangsfrist bis 30.09.2009 auf einem Sparbuch in oben angeführtem Sinne zu veranlagen hat. Diese Vorschrift wird zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung der Vermieter führen, welche die bislang in ihrem freien Eigentum befindlichen Kautionen nunmehr aus ihrem Vermögen aussondern und deutlich als Fremdgeld (Kautionssparbuch) verwahren müssen.

Weiters wurde die Frage der Kostentragung des Energieausweises einer umfassenden Regelung unterzogen.

Bei dem MRG unterliegenden Mietverhältnissen kann der Vermieter die für die Erstellung des Energieausweises für das gesamte Gebäude aufgewendeten Kosten als Ausgabenposition in der Hauptmietzinsabrechnung ansetzen. Die Mieter haben im Gegenzug ein Einsichts- und Kopierrecht. Die Hauptmietzinsreserve im Sinne des § 20 MRG ist nur eine fiktive Verrechnungsposition; im Ergebnis hat der Vermieter aus den (Mietzins-) Einnahmen die Kosten des Energieausweises ohne Anspruch auf Ersatz durch die Mieter zu tragen.

Im Wohnungseigentum ist der Verwalter im Rahmen der ordentlichen Verwaltung dazu verpflichtet, einen höchstens 10 Jahre alten Energieausweis für das gesamte Gebäude zum Gebrauch durch den jeweiligen Wohnungseigentümer vorrätig zu halten, die Kosten sind Aufwendungen der Liegenschaft und somit von allen Wohnungseigentümern nach ihren Miteigentumsanteilen zu tragen. Die Mehrheit der Wohnungseigentümer kann den Hausverwalter ausdrücklich anweisen, keinen Energieausweis einzuholen.

Im WGG sind die Kosten für den Energieausweis aus dem Erhaltungs- und Verbesserungsbetrag zu decken.

Die den Energieausweis betreffenden Regelungen (Kostentragungsvorschriften) treten rückwirkend mit 01.01.2009 in Kraft.

§ 24 Abs. 2 WEG, welcher die Bevollmächtigung im Zuge der Äußerungs- und Stimmrechte von Wohnungseigentümern regelt, wurde ebenfalls novelliert. Das Stimmrecht des Wohnungseigentümers ist prinzipiell übertragbar, die Vertretungsbefugnis ist durch eine darauf gerichtete schriftliche Spezialvollmacht, welche höchstens drei Jahre alt sein darf oder nunmehr auch neu durch eine schriftliche Vorsorgevollmacht, welche den Voraussetzungen des § 284 f ABGB entspricht, nachzuweisen. Da die Vorsorgevollmacht eine Beschränkung für drei Jahre nicht vorsieht und diese gesetzliche Vorsorgevollmacht im Sinne des § 284 f ABGB als ausreichend angesehen wird, gilt die Dreijahresbeschränkung für die Vorsorgevollmacht zur Übertragung des Stimmrechtes nicht.

Von großer Bedeutung ist die Neuerung des Heizkostenabrechnungsgesetzes, nunmehr ist im mietrechtlichen Außerstreitgesetz, auch die inhaltliche Richtigkeit einer Heizkostenabrechnung und nicht nur die Vollständigkeit, überprüfbar. 

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