Die Eckpfeiler des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 2010
Mit dem vorliegenden Entwurf, soll einerseits dem Ausgleichsverfahren in der Praxis eine bedeutendere Rolle zugewiesen werden, andererseits häufig erst verspätete Konkurseröffnungsanträge hintan gehalten werden.
Sanierungen sollen insbesondere durch eine Änderung der Zustimmungsquoren und Mindestquoten erleichtert werden. Dementsprechend sieht der Entwurf vor, dass die Kapitalmehrheit nunmehr auf 50 % herabgesenkt wird, wodurch mögliche Ablehnungen von Sanierungen erschwert werden sollen. Weiters wird die Quote im Sanierungsplan auf 30 % abgesenkt, sowie dem Schuldner Eigenverwaltung, unter Aufsicht eines Verwalters, eingeräumt.
Die Haftung für den Kostenvorschuss für den Insolvenzantrag, erfährt insofern eine Erweiterung, als sie nach dem IRÄG – durch den Verweis auf § 5 EKEG in § 72 d – auch auf jene Gesellschafter, denen eine kontrollierende Beteiligung oder ein Anteil von mindestens 25 % zukommt, oder jene, welche einen beherrschenden Einfluss und die Mehrheit der Stimmrechte haben, erstreckt wird. Ein dementsprechendes Rückgriffsrecht ist in § 71 d Abs 2 ebenfalls vorgesehen.
Die in Judikatur und Literatur bereits vorherrschende Meinung, dass die Vertragsklausel, wonach die Auflösung des Vertrages, explizit für den Fall der Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Vertragspartners, sittenwidrig ist und somit alleine die Eröffnung des Konkursverfahrens nicht ausreichend ist um den Vertrag aufzulösen (OGH vom 28.1.2009, 1 Ob 145/08t), findet nunmehr im vorliegenden Entwurf, insbesondere durch § 25 b, Berücksichtigung. Weiters sieht der neue § 25 a vor, dass Vertragsauflösungen nur mehr aus wichtigem Grund und innerhalb von 6 Monaten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zulässig sein sollen. Dies entspricht auch dem Gedanken des UNCITRAL Legislative Guide on Insolvency Law (2005), welcher die Aufrechterhaltung von Verträgen vorschlägt. So werden ausdrücklich als „nicht wichtige Gründe“ angeführt:
-) eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners (§ 25 a Abs 1 Zi 1), sowie
-) Verzug des Schuldners mit von vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Forderungen (§ 25 a Abs 1 Zi 2).
Ausnahmen bestehen hiervon, wenn die Auflösung des Vertrages zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des Vertragspartners unerlässlich ist (§ 25 a Abs 2 Zi 1) – diesbezüglich hat eine Interessenabwägung stattzufinden. Als weitere Ausnahmen werden Kreditverträge (§ 25 a Abs 2 Zi 2) und Arbeitsverträge (§ 25 a Abs 2 Zi 3) angeführt. Auch Bestandverträge finden im IRÄG 2009 entsprechend Berücksichtigung:
§ 12 c sieht vor, dass eine Räumung des Bestandobjektes in dem das Unternehmen betrieben wird aufzuschieben ist, bis das Unternehmen geschlossen ist, der Sanierungsplan scheitert, oder die Forderung des Bestandgebers nach einem Sanierungsplan wegen Nicht-Zahlung der Quote wieder auflebt. Die begünstigte Kündigungsmöglichkeit, wonach zwar die Kündigungsfrist, nicht aber der Kündigungstermin einzuhalten ist und auch befristete Bestandverhältnisse gekündigt werden können, entfällt somit.
Auch die Anfechtung betreffend sind entsprechende Neuerungen vorgesehen:
Bisher sah § 28 a vor, dass die anfechtungsrechtlichen Bestimmungen auf alle Rechtshandlungen, die der Schuldner vor Konkurseröffnung vorgenommen hat, anzuwenden sind. § 28 a erfuhr insofern eine Modifizierung, als dass nunmehr jene Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar sind, welche vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, was de facto zu einer Verlängerung der Anfechtungsfristen führt. Die anfechtungsrechtlichen Bestimmungen in Bezug auf die Sanierungskredite werden ebenfalls neu geregelt und sollen diese gem § 31 Abs 1 Zi 2 und Zi 3 nur mehr dann angefochten werden können, wenn der Anfechtungsgegner weiß oder es für diesen offensichtlich ist, dass ein Sanierungskonzept, aus dem sich eine positive Fortbestandsdiagnose ergibt, nicht tauglich ist.
Gem § 11 KO kann der Masseverwalter die Herausgabe von Sachen des Ab- oder Aussonderungsberechtigten innerhalb einer Frist von 90 Tagen verweigern. Diese Frist von 90 Tagen, wird durch das IRÄG auf 180 Tage verdoppelt. Die durch ein Absonderungsrecht gedeckten Zinsen können – sofern diese in der Pfandsache Deckung finden – trotz Konkurseröffnung weiter begehrt werden, allerdings nur im vertraglich vereinbarten Ausmaß. Darüber hinausgehende Verzugszinsen sind somit ausgeschlossen.
Welche Änderungen das IRÄG 2009 durch die zahlreichen Stellungnahmen zum bisherigen Entwurf, bis zum tatsächlichen In-Kraft-Treten, noch erfahren wird, und welche Konsequenzen dadurch in der Praxis zu erwarten sind, bleibt abzuwarten.