Mietzinsrückstand und grobes Verschulden § 33 Abs. 2 und Abs. 3 MRG Wissenswertes zum Mietzins

Wer mit zwei Monatsmieten im Rückstand ist, läuft ernsthaft Gefahr, einer Mietzins- und Räumungsklage im Sinne des § 1118 ABGB ausgesetzt zu sein. Sobald solch ein qualifizierter Mietzinsrückstand vorliegt, muss sich der Vermieter nicht mit einer Mietzinszahlungsklage, einer Mahnklage, begnügen, sondern kann zum schärfsten Hilfsmittel, der sofortigen Vertragsbeendigung, die im Verfahren vor Gericht geprüft und urteilsmäßig entschieden werden muss, greifen. Sofern der rückständige Mietzins im Zuge des Gerichtsverfahrens, vor Schluss der Verhandlung (wenn auch in der letzten Verhandlung vor Urteilsfällung) nachbezahlt wird, kann die Vertragsauflösung und die Räumung der Wohnung verhindert werden, sofern den Mieter / die Mieterin kein grobes Verschulden am Auflaufen eines Mietzinsrückstandes trifft. Grobes Verschulden bedeutet in diesem Zusammenhang entweder auffallende, besondere Sorglosigkeit, oder gar Rechthaberei – also eine völlig unberechtigte Streitigkeit mit dem Vermieter um den Mietzins. Sofern der Mietzinsrückstand aufgrund eines Versehens entsteht, welches jedem – auch einem sonst sehr sorgfältigen Menschen unterläuft – kann (die rechtzeitige Nachzahlung des Mietzinses vorausgesetzt) der Verlust der Wohnung verhindert werden. Fehler des Hauseigentümers oder der Verwaltung, Fehlbuchungen des Mietzinses, unrichtige, wenn auch irrtümlich von der Hausverwaltung an den Mieter erteilte Auskünfte bewirken, dass kein Verschulden und schon gar kein grobes Verschulden vorliegt.

Wenn Beeinträchtigungen im vereinbarten Gebrauch der Wohnung (das ABGB spricht hier etwas altertümlich vom bedungenen Gebrauch) gegeben sind, darf der Mietzins gemäß § 1096 ABGB gemindert werden. Das Mietzinsminderungsrecht besteht ex lege, es bedarf also keines Urteilsspruchs oder einer richterlichen Entscheidung, um Mietzins einbehalten zu dürfen. Fraglich ist, wie hoch solch ein Einbehalt vorgenommen werden darf. Dann, wenn die Wohnung überhaupt zu Wohnzwecken nicht mehr geeignet ist, kann kein vollständiger Mietzins gerechtfertigt sein, unter Umständen ist in solch einem Fall gerade noch eine Lagermiete gerechtfertigt, da der Mieter noch seine Sachen in der Wohnung verwahren kann. Das Mietzinsminderungsrecht ist stets relativ bzw. verhältnismäßig sohin von der Art und der Intensität der Beeinträchtigung abhängig, weshalb größte Vorsicht geboten ist. Bei allen Fällen der Mietzinsminderung ist es angezeigt, anwaltlichen Rat oder den Rat der vielen Mieterorganisationen einzuholen. Wer wegen geringfügigsten Beeinträchtigungen einen vollständigen, 100%igen Mietzinseinbehalt vornimmt, läuft Gefahr, wegen Rechthaberei nicht in das Privileg der Nachzahlung des Mietzinses im Sinne des oben erwähnten § 33 Abs. 2 und Abs. 3 MRG zu gelangen. Sofern eine Ausnahme vom Mietrechtsgesetz vorliegt, greift dieses Schutzinstrumentarium (überhaupt) nicht.

Fällt die Wohnung bzw. das Geschäftslokal in den Anwendungsbereich des MRG, kann innerhalb einer Präklusivfrist von drei Jahren ab Mietvertragsabschluss der Mietzins im Sinne des § 16 i.V.m. § 37 MRG auch der Höhe nach überprüft werden. Kaufleute müssen den Mietzins aber (spätestens) bei Übergabe des Geschäftslokals „rügen“, um dieses Mietzinsüberprüfungsrecht nicht zu verlieren.

In Wien ist der Mietzins für Wohnungen der sogenannte Richtwertmietzins. Er basiert auf dem für jedes Bundesland verlautbarten Richtwert und Zu- und Abschlägen zu diesem. Hier wird individuell spezifisch auf die Wohnung und die Wohnumgebung abgestellt und durch Sachverständige (im Gerichtsverfahren) und die Magistratsabteilung 25 im Verfahren vor der Schlichtungsstelle eine Kontrolle des gesetzlichen Mietzinses vorgenommen. Der Richtwertmietzins ist ein nach oben gedeckelter Mietzins. Er soll niedriger als der „angemessene“ Mietzins, welcher primär bei Geschäftslokalen zur Anwendung gelangt, sein. Der angemessene Mietzins wiederum ist jener Mietzins, der bei gewissen Wohnungen aber insbesonders bei Geschäftslokalen herangezogen wird. Er bestimmt sich nach Lage, Größe und Art des Objektes. Der „Friedenskronenzins“ ist eher von historischem Interesse. Er wurde im letzten Friedensmonat vor dem ersten Weltkrieg im Juli 1914 festgesetzt, da die Hyperinflation während des Krieges nicht die Wohnungsnot vergrößern sollte und wurden aus diesem Grunde die Mieten eingefroren. Auch der Kategoriemietzins, welcher bis zum Inkrafttreten des dritten Wohnrechtsänderungsgesetzes am 01.03.1994, der Standart-Mietzins war, der eine starre Regelung der Mietzinse vorsah und wenig individualistisch auf die einzelnen Wohnungen und ihre oft unterschiedlichen Ausstattungen eingehen konnte, ist mittlerweile weitgehend Geschichte.

Der Richtwertmietzins ist nunmehr der für den Großteil der Wohnungen anwendbare Mietzins. Es gibt zwar eine Vielzahl an Ausnahmen und ist dann – in Ausnahmefällen auch für Wohnungen – der angemessene Mietzins heranziehbar. Generell ist zu bemerken, dass der Richtwertmietzins mit seinem System eines auf Basis des geltenden Richtwertes (für Wien derzeit netto EUR 4,73 pro Quadratmeter und Zu- und Abschlägen je nach unterschiedlicher Lage und Ausstattung der Wohnung) eine mittlerweile 15-jährige Erfolgsgeschichte hinter sich hat. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Richtwertgesetzes gab es in der juristischen Fachliteratur eine Vielzahl an Skeptikern und Kritikern. Diese haben den Richtwertmietzins als wenig praktikabel und kaum vorhersehbar gesehen. Das Gegenteil hat sich im Laufe der Jahre bewahrheitet. Durch den Sockelbetrag des pro Bundesland veröffentlichten Richtwertes und die Zu- und Abschläge zum Richtwert ist es möglich, einen individuellen Mietzins für die jeweilige Wohnung und Wohnumgebung festzulegen. Es besteht eine reichhaltige Judikatur, welcher die zuschlagsrelevanten Sachverhalte genauso entnommen werden können, wie die für Abschläge zum Richtwert maßgeblichen Fakten. Näheres finden Sie im Fachbuch „Der Mietzins“. Mag. Franz Strafella, ein gerichtlich beeideter und zertifizierter Immobiliensachverständiger, und RA Dr. Erich René Karauscheck haben auf 245 Seiten in einer auf den Mietzins beschränkten Monografie den Mietzins in all seinen Facetten analysiert. Das Buch ist im Linde Verlag erschienen (http://www.lindeverlag.at/titel-0-0/der_mietzins-3874/). 

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