Das Zugabenverbot gemäß § 9 UWG ist „gefallen“ (4 Ob 208/10g)

Mit Entscheidung vom 15.02.2011 zu 4 Ob 208/10g hat der OGH eine teleologische Reduktion (im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung) des § 9a UWG vorgenommen und erklärt, dass diese innerstaatliche Rechtsnorm in Anbetracht des Widerspruchs zu gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, nämlich der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL), in dieser allgemeinen Form nicht mehr anwendbar ist. Zugaben sind nur noch dann unzulässig, wenn sie irreführend sind oder eine aggressive oder eine unlautere Geschäftspraktik darstellen, sohin (ohnehin) unter andere Tatbestände des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) fallen. „Damit verliert § 9a Abs. 1 Z 1 UWG zwar seine eigenständige Bedeutung, da sich dasselbe Ergebnis auch unmittelbar auf die Anwendung der Allgemeinen Bestimmungen stützen ließe; er wird daher, wie der Senat im Vorlagebeschluss ausgeführt hat, in der Sache einfach gegenstandslos.“ (4 Ob 208/10g vom 15.02.2011). Damit ist das seit 1929 bestehende Zugabenverbot gemäß § 9a UWG im B2C Bereich weggefallen, soweit es im B2B Bereich noch Bestand hat, ist es wohl gleichheitswidrig, da hier nicht einzusehen ist, weshalb Unternehmer einem stärkeren Schutz als Konsumenten unterliegen sollen. Der OGH folgt damit der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) im Vorabentscheidungsverfahren und setzt dieses innerstaatlich um. Die Judikatur zu § 2 UWG, dem Verbot der irreführenden Werbung wird nun im Zugabenbereich Relevanz bekommen. Was früher bereits per se unzulässig war, kann jetzt dadurch unzulässig werden, dass irreführende und unklare Angaben im Bereich der Zugabe vorgenommen werden. In Deutschland wird etwa vom Bundesgerichtshof im Einzelfall eine Missbrauchskontrolle durchgeführt, wenn ein eine Zugabe enthaltendes Angebot mit Nachteilen oder Bedingungen verbunden ist, die nicht transparent dargestellt werden. In der Vorabentscheidung zum österreichsichen Zugabenverbot hat der Europäische Gerichtshof auch ausgesprochen, dass die mit dem Kauf einer Zeitung verbundene Möglichkeit der Teilnahme an einem Gewinnspiel nicht allein deshalb eine unlautere Geschäftspraktik im Sinne des Artikel 5 Abs. 2 der UGB-Richtlinien darstellt, weil diese Teilnahmemöglichkeit zumindest für einen Teil der angesprochenen Verbraucher das ausschlaggebende Motiv für den Kauf der Zeitung ist (so auch 4 Ob 208/10g). Gewinnspiele, Gutscheinwerbung, kurz alle bisherigen Probleme des Zugabenverbots im Sinne des § 9a UWG sind im Lichte des EuGH und der nunmehr ergangenen Entscheidung des OGH vom 15.02.2011, 4 Ob 208/10g, nunmehr ausschließlich unter dem Kriterium der Irreführung, der aggressiven oder der unlauteren Geschäftspraktik zu sehen.

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang eine relevante Neuerung des Steuerrechts im Bereich des Glücksspielgesetzes. Gemäß § 58 Abs. 3 Glücksspielgesetz gilt, dass Glücksspiele im Rahmen von Gewinnspielen (aus Preissausschreiben) ohne vermögenswerte Leistung (Einsatz) einer Glücksspielabgabe von 5% der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistung (Gewinn) unterliegen. Damit sind nun alle Gewinnspiele steuerpflichtig geworden, auch wenn kein Einsatz geleistet wird. Bei einem Gewinnspiel als Zugabe gibt es zwar eine vermögenswerte Leistung, allerdings nur für den Kauf der Hauptware oder -leistung und nicht für das Gewinnspiel.