Verkehrssicherungspflichten und Haftungsrisiken eines Vermieters und/oder Verwalters

Derjenige, der einen Verkehr eröffnet, beispielsweise auf Wegen oder in Gebäuden, muss im Rahmen des zumutbaren die Verkehrsteilnehmer schützen und vor Gefahren warnen, denn er schafft eine Vertrauensgrundlage bezüglich der Sicherheit des eröffneten Verkehrs.

Das Prinzip der „Verkehrssicherungspflichten“ ist deliktischen Haftungstatbeständen (zB §§ 1318, 1319, 1319a ABGB, 93 StVO) und der vertraglichen Haftung (Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten gegenüber dem Vertragspartner) immanent. Im vertraglichen Bereich ist die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB zu beachten; aber auch § 1319 ABGB normiert eine spezielle Beweislastumkehr, welche dem Besitzer eines Gebäudes eine schwer zu widerlegende Beweislast auferlegt. Im Zuge dieser muss er beweisen, dass er jegliche zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet hat.

In seiner Entscheidung vom 18.05.2011 zu 7 Ob 26/11s lehnte der OGH die Haftung des Eigentümers eines Hauses (Beklagter) ab, in dem der Kläger, Untermieter eines von einem Mieter weitervermieteten Büros, in den Aufzugsschacht stürzte und sich dabei verletzte. Obwohl § 1319 ABGB analog auf Unfälle mit Aufzügen anzuwenden ist, konnte der Hauseigentümer den Entlastungsbeweis dadurch erbringen, dass er nachwies, jene Vorkehrungen getroffen zu haben, die nach Auffassung des Verkehrs vernünftigerweise zu erwarten sind. Dies umfasste die Betrauung eines Fachmanns mit der periodischen Überprüfung des Aufzugs sowie die durch diese vorgenommene Behebung der erkennbaren Mängel. Ebenso wurden die gesetzlich vorgeschriebenen Standards betreffend die Verriegelung der Türen des bereits 1961 errichteten Aufzugs eingehalten. Die Frage, ob weitergehende Maßnahmen erforderlich und zumutbar gewesen wären, wurde vom OGH verneint, da das Erfordernis weitergehender (Schutz-)Maßnahmen nach Lage der Dinge auch für einen Fachmann wie den Wartungsunternehmer nicht zu erkennen war. Dem Hauseigentümer und Vermieter gelang somit der Entlastungsbeweis. Die Lösung des OGH zeigt deutlich, dass die Kriterien für eine Haftung nicht überspannt werden dürfen, wenn jede zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet wurde, da ansonsten eine reine Erfolgshaftung vorliegen würde.

Ziel des Prinzips der Verkehrssicherungspflichten ist es, die Zurechenbarkeit einer Haftung zu erleichtern. Wenn trotz Beachtung von Verkehrssicherungspflichten ein Schaden entsteht, stellt sich mitunter auch die Frage, ob die Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und zur Sicherung des Verkehrs ausreichend und angemessen waren. In der Entscheidung 7 Ob 95/11p hält der OGH fest, dass Verkehrssicherungspflichten eingehalten werden, wenn dem dem jeweiligen Stand der Technik geltenden Standard durch zumutbare Instandhaltungs- und Verbesserungsarbeiten entsprochen wird. Die laufende Adaptierung an einen höchstmöglichen Sicherheitsstandard einer Anlage wird mangels entgegenstehender Vereinbarung nicht generell geschuldet.