Verkehrssicherungspflicht beim Garagenzugang
In letzter Zeit mussten sich die Gerichte vermehrt mit dem Thema der Verkehrssicherungspflichten auseinandersetzen. Sei es nun bei dem bereits in unserem Artikel (vgl. Rechtsblog Homepage vom 5.1.2012) besprochenen Urteil über die Frage der Haftung bei Stürzen in einen Aufzugsschacht (7 Ob 26/11s), den Verkehrssicherungspflichten einer Stadt für Bäume (2 Ob 203/11h), der Haftung für eine Seilrutsche auf einem Kinderspielplatz (1 Ob 62/11s) oder gar der Frage der Verkehrssicherungspflicht eines Supermarktes für eine Türanlage (7 Ob 95/11p).
Im August 2011 hatte sich der OGH erneut mit der Thematik bezüglich der Reichweite von Verkehrssicherungspflichten zu beschäftigen. Anlass für die Entscheidung waren der Sturz einer Mieterin auf einem nicht beleuchteten Weg zur mitvermieteten Tiefgarage und die dadurch entstandene Beinfraktur. Die Mieterin stützte ihr Vorbringen auf die von der Vermieterin unterlassene Beleuchtung des Weges und damit auf die grob sorgfaltswidrige Verletzung von Verkehrssicherungspflichten. Die Vermieterin entgegnete, sämtliche zumutbaren Maßnahmen zur Gefahrenabwendung getroffen zu haben und eine ausreichende Beleuchtung des Weges durch die vorhandene Straßenlaterne jedenfalls vorhanden war.
Der OGH stellte fest, dass die Vermieterin gegenüber der Mieterin grundsätzlich die (auch aus § 1096 ABGB ableitbare) mietvertragliche Nebenleistungspflicht trifft, den Zugang zum Bestandobjekt in einem sicheren Zustand zu erhalten. Tritt aufgrund der mangelnden Beschaffenheit des Objekts ein Schaden ein, trifft die Vermieterin die Ersatzpflicht, soferne ihr nicht der Nachweis (Beweislastumkehr) gelingt, dass sie daran kein Verschulden trifft und alle Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ergriffen hat. Dieser Nachweis wäre etwa denkbar, wenn ihr der gefährliche Zustand nicht erkennbar war oder dieser zwar ersichtlich war, jedoch nicht mit zumutbaren Maßnahmen zu entschärfen gewesen wäre. Beide Nachweise konnten im gegenständlichen Fall von der Vermieterin nicht erbracht werden, da diese einerseits aufgrund mehrerer Beschwerden von Mietern über die unbefriedigende Beleuchtungssituation Kenntnis hatte und es andererseits für die Vermieterin auch nicht unzumutbar war, für eine ausreichende Beleuchtung zu sorgen.
Bei der Verschuldensaufteilung musste sich die Mieterin jedoch ein überwiegendes Mitverschulden zurechnen lassen, da sie nach Meinung des OGH ihre Gehgeschwindigkeit – trotz Kenntnis der in der Dunkelheit nicht ersichtlichen Stufen – nicht reduzierte und den äußeren Gegebenheiten anpasste. Da jedoch auch die Vermieterin trotz des mangelhaften Beleuchtungszustandes und der daraus resultierenden Gefahr nicht entsprechende Vorkehrungen getroffen hat, sprach der OGH eine Schadensteilung im Verhältnis von 3:1 zu Lasten der Mieterin aus. Dementsprechend erhielt die Mieterin, da sie sich in völliger Dunkelheit nicht vorsichtig an die Stufen herantastete, sondern in normaler Gehgeschwindigkeit weiter darauf zu ging, ein Viertel des Schadens von der Vermieterin ersetzt.