Die Bemessung des Ersatzes entgangener Urlaubsfreuden nach § 31e Abs. 3 KSchG

Bei der Bemessung des Ersatzes entgangener Urlaubsfreuden kommt es in der Praxis immer wieder zu erheblichen Problemen. Nach § 31e Abs. 3 KSchG hat der Reisende (jedenfalls seit 01.01.2004, seit Inkrafttreten der Pauschalreiserichtlinie kraft gemeinschaftsrechtskonformer Interpretation) einen Anspruch auf Schadenersatz wegen erlittener immaterieller Schäden, sofern der Veranstalter „einen erheblichen Teil der vertraglich vereinbarten Leistung nicht erbracht hat“.

Der Ersatzanspruch auf entgangene Urlaubsfreude setzt vertragswidriges (und schuldhaftes) Verhalten des Veranstalters (oder seiner Erfüllungsgehilfen) voraus. Kein Schadenersatzanspruch kommt daher in Betracht, wenn der Veranstalter die Reise berechtigt absagt oder einzelne Reiseelemente berechtigt ändert. Berechtigte Absage oder Vertragsänderung durch den Veranstalter lösen daher genauso wenig einen Anspruch des Reisenden auf Ersatz entgangener Urlaubsfreude aus, wie unberechtigter Rücktritt des Reisenden vor Reiseantritt. Fraglich ist, wie der Schaden wegen entgangener Urlaubsfreude zu bemessen ist.

Nach österreichischem Recht soll dem Reisenden ein Anspruch auf Ersatz der entgangenen Reisefreude nur zustehen, wenn der Veranstalter einen erheblichen Teil der vertraglich geschuldeten Leistung nicht ordnungsgemäß erbracht hat. Der Gesetzgeber sah allerdings davon ab, die Erheblichkeitsschwelle näher zu präzisieren, etwa dem Reisenden einen Anspruch auf Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude erst zuzugestehen, wenn er wegen der Mangelhaftigkeit der Leistung zu einer Preisminderung von mehr als 50% des Reisepreises berechtigt ist. Der OGH hat in seiner Entscheidung 3 Ob 220/06h bei 30% Preisminderung darauf hingewiesen, dass mit der Preisminderung „in weniger gravierenden Fällen“ auf die mit mangelhaften Reiseleistungen typischerweise verbundenen Unlustgefühle mit abgegolten seien. Das OLG Wien hat in seiner Entscheidung 4 R 13/06w hingewiesen, dass die Auswirkungen der Schlechterfüllung auf die gesamte Pauschalreise entscheidender Maßstab sei.

Zweck des § 31e Abs. 3 KSchG ist es, immaterielle Nachteile, nämlich die Beeinträchtigung des Genusses einer Urlaubsreise, insbesondere die mit der Enttäuschung einer (berechtigten) Erwartung verbundenen Unlustgefühle und Missempfindungen, abzugelten, während die Preisminderung lediglich die durch den Mangel gestörte subjektive Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung wieder herstellen und damit ein Vermögensschaden ausgeglichen werden soll.

Bei der Prüfung, ob die „Erheblichkeitsschwelle“ des § 31e Abs. 3 KSchG überschritten wurde und ein Anspruch auf angemessenen Ersatz der entgangenen Urlaubsfreude besteht, ist daher infolge der unterschiedlichen Zielsetzungen von Gewährleistung und Schadenersatz nicht bloß auf die (hypothetische) Preisminderung abzustellen.

Mit den Vorgaben der Pauschalreiserichtlinie ist zwar wohl eine in den meisten Rechtsordnungen im Sinne der gemeinrechtlichen Maxime „minima non curat praetor“ anzutreffende Bagatellgrenze vereinbart, nicht jedoch das Abstellen auf eine hypothetische Preisminderung von 50%. Diese setzt in aller Regel ganz massive Mängel voraus, sodass die Zuerkennung von Schadenersatz nur in Ausnahmefällen in Betracht käme. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich festgehalten, dass diese Erheblichkeitsschwelle für das österreichische Recht nicht näher präzisiert werde, sodass ein Anspruch des Reisenden auf Ersatz wegen entgangener Urlaubsfreude nicht erst bei einem Mangel zusteht, der ihn zu einer Preisminderung von mehr als 50% des Reisepreises berechtigt.

Geringfügige faktische Unannehmlichkeiten, die keine rechtlich relevanten Beeinträchtigungen darstellen, begründen weder ein Preisminderungsrecht des Reisenden, noch einen Anspruch auf Ersatz entgangener Urlaubsfreuden. Ein Ersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude steht dem Reisenden nur zu, wenn der Veranstalter oder seine Erfüllungsgehilfen den erheblichen Mangel zumindest leicht fahrlässig verschuldet haben. Gemäß § 1298 Satz 1 ABGB wird prinzipiell leichte Fahrlässigkeit vermutet, sodass es dem Reiseveranstalter obliegt, den ihm gemäß § 1298 ABGB obliegenden Beweis der Schuldlosigkeit für sich und seine ihm nach Maßgabe des § 1313a ABGB zurechenbaren Gehilfen zu erbringen. Zur Bemessung der Höhe des Schadenersatzanspruchs verweist § 31e Abs. 3 KSchG auf die Dauer und Schwere des Mangels, den Grad des Verschuldens, den vereinbarten Zweck der Reise sowie die Höhe des Reisepreises. 

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