Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche aus Fehlberatung bei endfälligem Fremdwährungskredit mit Tilgungsträger (aktiv und passiv)
Zur Frage des Beginns der Verjährungsfrist für die aktive gerichtliche Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen in Bezug auf Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzepte, die eine Kombination von Fremdwährungskrediten mit verschiedenen Tilgungsträgern vorsehen, hat der Oberste Gerichtshof in jüngster Zeit mehrfach Stellung genommen (OGH in 7 Ob 56/15h; OGH in 5 Ob 177/15p u.a.): In Anlehnung an den einheitlichen Lauf der Verjährungsfrist von Primärschaden und Folgeschaden (siehe TTP Rechts-Blog vom 25. November 2015) hat der OGH ausgesprochen, dass auch bei derartigen Veranlagungs- und/oder Finanzierungsmodellen entscheidend ist, zu welchem Zeitpunkt der Geschädigte erkennt, dass das Gesamtobjekt den Zusagen nicht entsprochen hat; eine – den Zusagen widersprechende und daher den Primärschaden darstellende – Risikoträchtigkeit eines Gesamtkonzepts liegt dabei jedenfalls dann vor, wenn sich dieses Gesamtkonzept rein rechnerisch nicht mehr ohne zusätzliche Vermögensverminderung im Vergleich zur (herkömmlichen) Tilgung des Kredites/Darlehens und Geldmittelbeschaffung entwickeln konnte. Ein nach Erkennen der Risikoträchtigkeit eintretender weiterer Schaden ist als bloßer Folgeschaden zu qualifizieren, dessen Verjährung gleichfalls mit der Kenntnis vom Eintritt des Primärschadens beginnt. Es ist also für den Lauf der Verjährungsfrist entscheidend, zu welchem Zeitpunkt der Anleger- und/oder Fremdwährungskreditnehmer erkennt, dass das Veranlagungs- und/oder Finanzierungskonzept entgegen den Zusicherungen nicht oder nicht im zugesagten Ausmaß risikolos ist (OGH in 7 Ob 56/15h; OGH in 5 Ob 177/15p u.a.).
Da die Kreditforderung aus befristeten/endfälligen Fremdwährungskrediten oft erst 5, 10 oder noch mehr Jahre später zur Rückzahlung fällig wird, kann eine große zeitliche Diskrepanz zum Eintritt des Primärschadens auftreten. Kommt es nach Fristablauf des endfälligen Fremdwährungskredites (oder durch Fälligstellung bei Vorliegen wichtiger Gründe) in späterer Folge zur Geltendmachung der (in Euro konvertierten) Kreditaushaftung durch die Bank, stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen der behauptete Schadenersatzanspruch einredeweise und durch Erhebung einer Gegenforderung des Beklagten („passiv“) geltend gemacht werden kann: Eine gültige Aufrechnungserklärung wirkt auf den Zeitpunkt zurück, in welchem sich Kreditforderung und Gegenforderung (Schadenersatzforderung) zum ersten Mal aufrechenbar gegenüberstanden (vgl. RIS-Justiz RS0033973, RS0033904; OGH in 7 Ob 9/13v). Dies bewirkt bei der „einredeweisen“ Geltendmachung, dass die Kompensation auch dann zulässig ist, wenn die Gegenforderung des Aufrechnenden im Zeitpunkt seiner Aufrechnungserklärung bereits verjährt gewesen wäre; die Verjährung darf nur nicht bereits im Zeitpunkt der Aufrechnungslage vorgelegen haben (vgl. RIS-Justiz RS0034016). Gemäß § 1439 ABGB setzt die gesetzliche Aufrechnung die Fälligkeit beider Forderungen, also der Kreditforderung der Bank und der Gegenforderung (Schadenersatzforderung) des Aufrechnenden, voraus. Vor Fälligkeit ist eine Aufrechenbarkeit grundsätzlich nicht gegeben: Nur für die Forderung des Aufrechnungsgegners ist die Fälligkeit dann nicht zu fordern, wenn der Aufrechnende berechtigt ist, den Kredit (das Darlehen) vorzeitig zurückzuzahlen (vgl. RIS-Justiz RS0033731, RS003762, OGH in 7 Ob 9/13v, 2 Ob 204/d mwN); dies wird beim endfälligen Verbraucherkredit regelmäßig der Fall sein. Hingegen wird eine Schadenersatzforderung nach ständiger Rechtsprechung und der überwiegenden Lehre erst dann fällig, wenn der Geschädigte den Schaden (zahlenmäßig bestimmt) eingemahnt hat (vgl. RIS-Justiz RS0023392; OGH in 7 Ob 54/14b; OGH in 7 Ob 9/13v u.a.). Bei der späteren gerichtlichen Geltendmachung der endfälligen und konvertierten Fremdwährungskreditforderung durch die Bank kann es vorkommen, dass – wenn der Beklagte wegen der Geltendmachung einer Schadenersatzforderung niemals an die Bank herangetreten ist – vor Eintritt der Verjährung dieser Gegenforderung – mangels deren Fälligkeit – eine Aufrechnungslage nicht verwirklicht war und eine erfolgreiche Aufrechnung nicht mehr erfolgen kann (vgl. OGH in 7 Ob 9/13v).