Zulässigkeit eines Zahlungsplanes im Schuldenregulierungsverfahren ohne vorhergehende Vermögensverwertung bei rechtlichen Verwertungshindernissen, die nicht in der Ingerenz des Schuldners liegen; Anmerkungen zu OGH 8 Ob 72/19z
Während beim Sanierungsplan (mit einer 20-%-igen Mindestquote) das Vermögen des Schuldners nicht verwertet werden muss, kann gemäß § 193 Abs. 2 IO über einen Zahlungsplanvorschlag (ohne Mindestquotenerfordernis) erst dann abgestimmt werden, wenn es vorher zur Vermögensverwertung kommt. Daher kommt es in vielen Schuldenregulierungsverfahren einerseits zur Verteilung der Schlussverteilungsquote (aus der Vermögensverwertung) und andererseits zu einer in den nächsten fünf Jahren zu erfüllenden Zahlungsplanquote.
Ist daher eine vorhergehende Vermögensverwertung objektiv unmöglich – etwa weil rechtliche Verwertungshindernisse der Vermögensverwertung entgegenstehen –, so kann ausnahmsweise dennoch über einen Zahlungsplanvorschlag abgestimmt werden: In der Entscheidung 8 Ob 72/19z hat der Oberste Gerichtshof allerdings klargestellt, dass die rechtlichen Verwertungshindernisse nicht in der „Ingerenz des Schuldners“ liegen dürfen.
Häufigster Anwendungsfall von rechtlichen Vermögensverwertungshindernissen ist ein für einen Dritten eingetragenes Belastungs- und Veräußerungsverbot, das anfechtungsfest außerhalb der Anfechtungsfristen bereits im Grundbuch eingetragen wurde.
Nach der Entscheidung 8 Ob 72/19z hat der Oberste Gerichtshof neuerlich klargestellt, dass nach § 194 Abs. 1 IO der Schuldner den Insolvenzgläubigern mindestens eine Quote anbieten muss, die seiner Einkommenslage in den folgenden fünf Jahren entspricht; würde der Schuldner im Zahlungsplan keine angemessene Quote anbieten, so wäre der Antrag auf Annahme des Zahlungsplanes gemäß § 194 Abs. 2 Z 3 IO unzulässig. Dabei geht das Gesetz auch vom Regelfall aus, dass bereits eine vollständige Verwertung des Vermögens des Schuldners erfolgt ist.
Ist ein Belastungs- und Veräußerungsverbot anfechtungsfest im Grundbuch eingetragen, so liegt ein rechtliches Verwertungshindernis vor und ist auch ohne vorhergehende Vermögensverwertung ein Zahlungsplan unter diesem Gesichtspunkt zulässig.
Allerdings stellt sich die Frage, ob das vorhandene – bei Vorliegen eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes nicht verwertete – Vermögen auch für die Zulässigkeit des Zahlungsplanes von Relevanz ist, weil ausnahmsweise zur Ermittlung der Angemessenheit des Zahlungsplanes nicht die Höhe des Einkommens, sondern das zum Zeitpunkt der Abstimmung noch vorhandene Vermögen des Schuldners zu berücksichtigen ist.
In der Entscheidung 8 Ob 8/06v hat der OGH die Frage, ob bei Beurteilung der Zulässigkeit des Zahlungsplanes der Wert der in der Masse befindlichen, aktuell (aufgrund eines im Grundbuch eingetragenen Belastungs- und Veräußerungsverbotes) zwar nicht durch Veräußerung verwertbaren, aber etwa auch langfristig vermietbaren Liegenschaft zu berücksichtigen wäre, ausdrücklich offengelassen. Im gegenständlichen Fall hat der OGH bei Vorliegen eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes und eines dingliches Wohnrechtes der Eltern (das tatsächlich ausgeübt wurde und zu keinen Erträgnissen der Liegenschaft führte) allgemein ausgesprochen, dass bei rechtlichen Verwertungshindernissen, die nicht in der Ingerenz des Schuldners liegen, eine Berücksichtigung des nicht verwerteten Vermögens bei der Quote überhaupt nur insoweit in Betracht kommt, als durch das beim Schuldner verbleibende Vermögen dessen Leistungsfähigkeit erhöht wird (vgl. OGH in 8 Ob 72/19z).
Umgekehrt muss aber mE gelten:
- Ist eine Liegenschaft aufgrund eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes nicht verwertbar (oder besteht nicht verwertbares Liegenschaftsvermögen, das im Ausland liegt), so müssten mE tatsächliche (oder nach dem Anspannungsgrundsatz erzielbare) Mieterträgnisse bei der Zulässigkeit der Zahlungsplanhöhe Berücksichtigung finden.
- Bei Wegfall des Verwertungshindernisses sollte mE eine Nachtragsverteilung in Betracht kommen; ein Gläubiger sollte bei einem in naher Zukunft wegfallenden Verwertungshindernis mE einem Zahlungsplan nicht oder nicht ohne entsprechende Klarheit (über eine Nachtragsverteilung) zustimmen.