Keine Rekurslegitimation des Vorkaufsberechtigten gegen Bewilligungsbeschluss des Insolvenzgerichtes bei freihändiger Sondermasseverwertung
Anmerkungen zu OGH 8 Ob 40/21x
Die Pfandliegenschaft des insolventen Pfandschuldners kann entweder durch freihändige Sondermasseverwertung des Insolvenzverwalters (Abschluss des Liegenschaftskaufvertrages mit anschließender insolvenzgerichtlicher Genehmigung und Verteilung des Verkaufserlöses durch Gerichtsbeschluss) oder in einem Zwangsversteigerungsverfahren (über Betreiben des Pfandgläubigers oder Betreiben der kridamäßigen Versteigerung durch den Insolvenzverwalter) verwertet werden. Auch wenn die freihändige Sondermasseverwertung durch Abschluss eines Kaufvertrages (durch den Masseverwalter für den Schuldner und Verbücherung durch den Käufer) erfolgt, ist der Vorkaufsberechtigte, für den ein Vorkaufsrecht auf der zur Veräußerung / Verwertung gelangenden Liegenschaft eingetragen ist, nicht einmal durch den Insolvenzverwalter vom beabsichtigten Verkaufsvorgang zu verständigen; ebensowenig steht dem Vorkaufsberechtigten gegen den Genehmigungsbeschluss des Insolvenzgerichtes, mit dem der Kaufvertrag insolvenzgerichtlich genehmigt wird, ein Rechtsmittel zu. All dies begründet der OGH in 8 Ob 40/21x wie folgt:
1. Die freihändige Veräußerung oder Sondermasseverwertung des Insolvenzverwalters im Konkurs bewirkt keinen Vorkaufsfall; das Vorkaufsrecht des Buchberechtigten erlischt mit der Rechtskraft des Beschlusses über die Genehmigung des Kaufvertrages durch das Insolvenzgericht.
2. Im Zwangsversteigerungsverfahren (das ebenfalls keinen Vorkaufsfall bewirkt) ist ein bücherlicher Vorkaufsberechtigter nach § 1076 ABGB iVm § 171 EO zum Versteigerungstermin zu laden: Der Vorkaufsberechtigte kann dann die Liegenschaft im der Versteigerungstagsatzung wie jeder andere Interessent aufgrund eines Meistbotes oder Überbotes durch Zuschlag erwerben. Eine Verletzung des § 171 EO würde dem Vorkaufsberechtigten eine Legitimation zum Rekurs gegen die Zuschlagserteilung im Zwangsversteigerungsverfahren einräumen.
3. Demgegenüber normiert die Insolvenzordnung keine dem § 171 EO entsprechende individuelle Verständigungspflicht des Vorkaufsberechtigten im Fall eines freihändigen Verkaufs. Gemäß § 255 IO erfolgt die öffentliche Bekanntmachung im Insolvenzverfahren in der Ediktsdatei; dies betrifft auch die beabsichtigte freihändige Veräußerung einer Liegenschaft durch Aufnahme in die Ediktsdatei. Durch die Veröffentlichung der Verkaufsabsicht der Liegenschaft durch den Insolvenzverwalter wird der Vorkaufsberechtigte in die Lage versetzt, in Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter einzutreten und sich am Verkaufsverfahren zu beteiligen (ein Anbot abzugeben u.a.).
4. Auf dieser rechtlichen Basis kommt der OGH zum rechtlichen Schluss, dass dem Vorkaufsberechtigten im Insolvenzverfahren insoferne nur ein wirtschaftliches Interesse – und kein rechtliches Interesse – zukommt, sodass dem Vorkaufsberechtigten auch keine Rechtsmittellegitimation gegen den Genehmigungsbeschluss des Insolvenzgerichtes zukommt, mit dem der Kaufvertrag aus der freihändigen insolvenzgerichtlich genehmigt wird / wurde.