Kein gesetzlicher Schadenersatzanspruch bei missbräuchlicher Schadenersatzklausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
Anmerkungen zu OGH 4 Ob 236/22t und EuGH C-625/21 Gupfinger
Nach EuGH C-625/21 Gupfinger stehen Art 6 Abs 1 und Art 7 Abs 1 Klausel-Richtlinie (Klausel-RL) dem gesetzlichen Schadenersatzanspruch eines Unternehmers entgegen, wenn eine missbräuchliche Schadenersatzklausel in den AGB Verwendung fand. Das langfristige Ziel von Art 7 Klausel-RL bestehe nach dem EuGH darin, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen, indem der Abschreckungseffekt aufrechterhalten wird und die gesetzliche Schadenersatznorm unanwendbar wird.
Zu dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt: In den AGB eines Kaufvertrages über den Erwerb von Einbauküchen war in den AGB ein pauschaler Schadenersatz in Höhe von 20% bei unberechtigtem Käufer-Storno vorgesehen. Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist eine Klausel in AGB, die eine pauschale Stornogebühr von 20% des Kaufpreises bei unbegründetem Vertragsrücktritt durch den Käufer festlegt, für den Verbraucher insbesondere wegen der unangemessenen Höhe der Stornogebühr gröblich benachteiligend iSv § 879 Abs 3 ABGB daher nichtig (vgl. OGH 4 Ob 229/13z und 3 Ob 237/16y). Diese Rechtsprechung kennend, hat der Klagevertreter den Klagsanspruch nicht auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), sondern auf die dispositiven Bestimmungen des österreichischen Zivilrechts gestützt, was dem unternehmerischen Kläger nichts nützte: Nach dem EuGH kann der Unternehmer auch nicht Schadenersatz nach § 921 ABGB (und anderen schadenersatzrechtlichen Grundlagen) verlangen. Der EuGH begründet dies mit dem obangeführten Abschreckungseffekt und führte unter anderem aus:
„Ein nationales Gericht könne, wenn ein Vertrag nach der Streichung der missbräuchlichen Klauseln in Kraft bleiben könne, diese Klauseln nicht durch eine dispositive nationale Vorschrift ersetzen, es sei denn, die Streichung dieser Klauseln würde den Richter zwingen, den Vertrag in seiner Gesamtheit für unwirksam zu erklären, was für den Verbraucher besonders nachteilige Folgen hätte, sodass dieser dadurch geschädigt würde. Daraus folge, dass ein Gewerbetreibender, der einem Verbraucher eine Klausel auferlegt habe, die vom nationalen Gericht für missbräuchlich und folglich nichtig erklärt worden sei, wenn der Vertrag ohne diese Klausel fortbestehen könne, keinen Anspruch auf die Entschädigung habe, die in einer dispositiven Vorschrift des nationalen Rechts vorgesehen sei, die ohne diese Klausel anwendbar gewesen wäre.“
Weiters heißt es:
„Der Gewerbetreibende, der dem Verbraucher eine missbräuchliche Schadenersatzklausel auferlegt habe, könne daher nicht den Schadenersatz beanspruchen, den eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts vorsehe, die ohne diese Klausel anwendbar gewesen wäre. Dabei sei es unerheblich, dass die Nichtigerklärung der missbräuchlichen Schadenersatzklausel zur Folge habe, dass der Verbraucher von jeglicher Schadenersatzpflicht befreit sei. Dies diene dem langfristigen Ziel von Art 7 Klausel-RL, das darin bestehe, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen, indem der Abschreckungseffekt aufrechterhalten werde, der darin bestehe, dass diese Klauseln schlicht unangewendet blieben. Es sei auch unerheblich, dass der Gewerbetreibende, der eine missbräuchliche Schadenersatzklausel auferlegt habe, seine Schadenersatzklage auf eine dispositive Vorschrift des nationalen Rechts stütze und nicht auf den Teil der Klausel, der dieser Vorschrift entspreche.“