0%-Klausel in Girokontoverträgen zulässig (Anmerkungen zu OGH 10 Ob 56/24v)

Wie der Oberste Gerichtshof kürzlich in einem Verbandsprozess judiziert hat, ist die Klausel „Habenzinsen 0,000% p.a.“ in Girokontoverträgen zulässig, auch wenn (wie üblich) für Kontoüberziehungen oder Kontoüberschreitungen ein bestimmter Sollzinssatz festgelegt ist.

Ein Girokontovertrag ist eine Vereinbarung zwischen einer Bank und einem Kontoinhaber, durch die sich die Bank verpflichtet, ihr aufgetragene Leistungen, die dem bargeldlosen Zahlungsverkehr dienen, also die Gutschrift eingehender Beträge, die Besorgung von Überweisungen, die Entgegennahme von Einzahlungen auf das Konto und die Leistung von  Zahlungen zu Lasten des Kontos, durch buchmäßige Umschreibungen zu bewirken; grundsätzlich ist die Bank nicht verpflichtet, einer Disposition, durch die das Konto ins Debet kommt, zuzustimmen. Ferner umfassen die vertraglichen Leistungen bei Girokonten auch regelmäßig die Erbringung weiterer Zahlungsdienste, wie etwa Zahlungsvorgänge mittels Zahlungskarten, die Ausführung von Lastschriften und die Ein- und Auszahlung von Bargeld (vgl § 1 Abs 2 Z 1 bis 4 ZaDiG 2018; Rabl/Herndl, „Entgelte im Girokontovertrag“, ÖBA 2024, 195 f). Wesentliches Charakteristikum eines Girokontovertrages ist somit die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und nicht der Anspar- oder Anlagezweck.

Nach der Rechtsprechung des OGH handelt es sich beim Vertrag über die Führung eines Girokontos um einen Vertrag sui generis mit Elementen des Darlehens und eines unregelmäßigen Verwahrungsvertrags (2 Ob 339/01v mwN; RS0010928 [T2]; so auch Rabl/Herndl, ÖBA 2024, 197 mwN).

Räumt die kontoführende Bank ihrem Kunden weiters einen Rahmen ein, innerhalb dessen er Zahlungsaufträge erteilen kann, die sein aktives Guthaben übersteigen („Überziehungsrahmen“) und bei dessen Ausnutzung Sollzinsen anfallen, wird der Girokontovertrag um eine Kreditabrede iSd § 988 Satz 1 2. Halbsatz ABGB erweitert.

Hauptleistungspflicht der Bank aus dem Girokontovertrag ist die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und die Verwahrung von Guthaben, um die Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr für den Bankkunden zu ermöglichen. Dafür zahlt dieser ein Entgelt. Der Girokontovertrag dient nicht einem Sparzweck und ist nicht primär davon geprägt, dass das Guthaben zwingend zu verzinsen ist. Bei der Verzinsung von Guthaben auf Girokonten handelt es sich daher, auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH, um eine Nebenpflicht und nicht um eine Hauptleistung. Die Klausel unterliegt somit (lediglich) der Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB.

An dieser Judikaturlinie, dass die Habenzinsen beim Girokontovertrag keine Hauptleistungspflicht darstellen, hält der Oberste Gerichtshof trotz diverser anderer Beurteilungen des deutschen BGH fest.

Ebenso verneint der Oberste Gerichtshof, dass die Vereinbarung von 0 % Habenzinsen eine gröbliche Benachteiligung des Kunden im Sinne des § 879 Abs 3 ABGB darstellen würde.

Auch aus dem VZKG (Verbraucherzahlungskontogesetz) ist nach Darstellung des Obersten Gerichtshofes keine gröbliche Benachteiligung durch die unterschiedliche Regelung von Soll- und Habenzinsen abzuleiten: § 8 Abs 1 Z 4 und 5 VZKG regeln lediglich, dass der Zahlungsdienstleister dem Verbraucher mindestens einmal jährlich und bei der Beendigung des Rahmenvertrags eine Entgeltaufstellung mitzuteilen oder zugänglich zu machen hat, die „gegebenenfalls den Sollzinssatz für das Zahlungskonto und den Gesamtbetrag der wegen einer Überziehung oder Überschreitung im Bezugszeitraum in Rechnung gestellten Zinsen“ und „gegebenenfalls den Habenzinssatz für das Zahlungskonto und den Gesamtbetrag der im Bezugszeitraum aufgelaufenen Zinsen“ zu enthalten hat. Bereits aus dem Wort „gegebenenfalls“ ist – so der OGH weiter – eindeutig abzuleiten, dass weder eine Pflicht zur Leistung von Habenzinsen nach diesem Gesetz besteht, noch aus der Bestimmung abzuleiten ist, dass ein Gleichklang zwischen Soll- und Habenzinsen bestehen müsste.

Leave a Reply