Mietrechts-Update: Keine „friktionsfreie“ Befristungsvereinbarung mangels hinreichender Bestimmbarkeit des Endtermins

1. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung vom 22. Jänner 2014, 3 Ob 219/31x, ausgesprochen, dass ein Kündigungstermin nicht hinreichend bestimmt ist, wenn die Vertragsverlängerung von einer auslegungsbedürftigen Bedingung („friktionsfreier Ablauf des Mietverhältnisses“) abhängig ist. In diesem Fall gewährleistet die Befristungsvereinbarung nicht den vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck, dass sich der Mieter auf das unbedingte Ende des Mietverhältnisses einstellen kann (näher dazu Vonkilch, Von Vormietrechten, Verlängerungsoptionen und [un]bedingten Endterminen bei Superädifikatsflächenmietverträgen, immolex 2016, 166 [169]). In der gegenständlichen Entscheidung schloss die beklagte Mieterin am 20. Mai 2009 über die im Haus gelegene Wohnung Nummer 26 einen schriftlichen Mietvertrag ab, dessen § 2 unter dem Titel „Vertragsdauer“ folgenden unstrittigen Wortlaut enthält: „Das Mietverhältnis beginnt am 1. Juni 2009 und wird auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen; es endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf. … Für den Fall eines friktionsfreien Ablaufs des gegenständlichen Bestandverhältnisses, wird seitens der Hausinhabung die Verlängerung der Vertragsdauer auf unbestimmte Zeit zugesagt.

2. Die Befristungsvereinbarung enthält, so der OGH in seiner rechtlichen Beurteilung, keinen eindeutig bestimmbaren unbedingten Endtermin; somit war zentrales Thema des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof die Auslegung der Befristungsvereinbarung. Nach Ansicht des OGH ist bei der Formulierung einer Befristungsvereinbarung darauf abzustellen, ob der Endtermin aus Sicht des Mieters hinreichend bestimmt und unbedingt ist. Nach der Rechtsprechung erfüllt jede Formulierung, die der Absicht des Gesetzgebers entspricht, nämlich dass sich der Mieter von vornherein auf eine bestimmte Mietdauer einstellen kann, das Erfordernis des § 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG. Im vorliegenden Fall war also durch Auslegung der Formulierung der Befristungsvereinbarung zu ermitteln, ob der Endtermin hinreichend bestimmt war (OGH 3 Ob 219/13x immolex 2014, 116 [Prader] = Zak 2014, 95 = wobl 2014, 138 mit Hinweis auf RIS-Justiz RS0070201 [T3, T4]). Die Auslegungsbedürftigkeit der Bedingung („friktionsfreier Ablauf des Mietverhältnisses“) verhindere, so der OGH, dass sich der Mieter auf ein unbedingtes Ende des Mietverhältnisses einstellen könne.

3. Im Gegensatz zu einer Verlängerungsoption des Mieters oder einem eindeutig objektivierbaren Verhalten des Vermieters (zB Unterlassen einer Kündigung) – der OGH verweist diesbezüglich auf seine bislang ergangene Judikatur (7 Ob 168/05i wobl 2006/78 [Prader], 5 Ob 26/11a wobl 2012/6 [Vonkilch] = immolex 2011/75 [Schlein] bzw 7 Ob 85/90x wobl 1999, 348 [Prader]) – werde im vorliegenden Fall der vom Gesetzgeber beabsichtigte Zweck, dass sich der beklagte Mieter darauf einstellen kann, dass das Mietverhältnis ohne sein weiteres Zutun zu einem bestimmten Zeitpunkt enden wird, nicht gewährleistet. Die mangelnde Bestimmtheit der Formulierung der Befristungsvereinbarung war, so der OGH, auf zwei Gründe zurückzuführen:

4. Im vorliegenden Fall war nicht nur auslegungsbedürftig

  • ob ein friktionsfreier Ablauf des Mietverhältnisses schon bei jeder auch noch so geringfügigen Störung durch den Mieter ausscheidet, sondern zudem, 
  • ob sich bei friktionsfreiem Ablauf das Mietverhältnis automatisch auf unbestimmte Zeit verlängert oder ob in diesem Fall nur ein Anspruch des Mieters auf Neuabschluss eines Mietvertrages besteht.


Somit war nach Ansicht des OGH die Formulierung der Befristungsvereinbarung insgesamt nicht hinreichend bestimmt und die Befristung nicht durchsetzbar, sodass die beklagte Mieterin die Räumungsklage des Vermieters letztlich abwehren konnte. Schlussendlich ist auch völlig unklar, was unter einer solchen „Wohlverhaltensregel“ zu verstehen ist. Wie soll sich der Mieter rechtens verhalten? Was ist überhaupt mit „friktionsfrei“ gemeint?

Die Entscheidung des OGH ist zu begrüßen. Vor allem berücksichtigt sie das Anliegen der Mieter an einer klaren Formulierung des befristeten Endtermins.

Für die Mietvertragsgestaltung bedeutet dies, dass dem Mieter „in aller Deutlichkeit vor Augen geführt wird (und nicht etwa sein Blick darauf durch – mehr oder weniger vage – Relativierungen getrübt wird)“ (s Vonkilch, immolex 2016, 166 [169]), dass er sich auf einen Zeitmietvertrag eingelassen hat.