Kein Einwendungsdurchgriff und kein Rücktrittsrecht beim Fremdwährungskredit mit Lebensversicherung als Tilgungsträger – Anmerkungen zu OGH 3Ob173/17p, 4Ob37/17w, 1Ob119/16x und 3Ob182/15h
Den vor (vielen) Jahren abgeschlossenen endfälligen Fremdwährungskrediten wurde oftmals eine Lebensversicherung als Tilgungsträger (und Kreditsicherheit) zugrundegelegt. Bei dem viele Jahre zurückliegenden Abschluss des Lebensversicherungsvertrages zwischen dem Kreditnehmer (Versicherungsnehmer) und der Versicherung soll es teilweise seitens der Versicherung zur fehlerhaften Belehrung über die Dauer der Rücktrittsfrist gekommen sein: Ausgehend von der bindenden Entscheidung des EuGH judiziert der OGH, dass dem Versicherungsnehmer aufgrund einer fehlerhaften Beratung über die Dauer der Rücktrittsfrist bei richtlinienkonformer Auslegung des § 165a Abs 2 VersVG ein unbefristetes Rücktrittsrecht zukommt (vgl. RIS-Justiz RS0130376; OGH 7Ob107/15h). Diese Judikatur und andere publizierte Rechtsmeinungen haben zu mehrfachen Versuchen von Kreditnehmern bei Gericht geführt, (auch) zum Rücktritt von und zur Aufhebung des Fremdwährungskreditvertrages zu gelangen. All diesen Versuchen hat der OGH klare Absagen erteilt.
1. Gemäß § 13 Abs 5 des geltenden Verbraucherkreditgesetzes (Inkrafttretensdatum 11.06.2010) sind die Bestimmungen über den „verbundenen Kreditvertrag“ und den Einwendungsdurchgriff nicht auf Kreditverträge anzuwenden, die der Finanzierung des Erwerbs von Finanzinstrumenten dienen. Für die vor Inkrafttreten abgeschlossenen und als Tilgungsträger dienenden Lebensversicherungsverträge gelten die Bestimmungen des § 18, § 26c KSchG (Außerkrafttretensdatum 10.06.2019) und die dazu ergangene Judikatur.
2. Zur Prüfung einer analogen Anwendung des sogenannten „Einwendungsdurchgriffes“ muss zunächst auf den Grundtatbestand Bezug genommen werden: Für einen sogenannten Einwendungsdurchgriff, also für die Möglichkeit eines (in der Regel) Käufers, Einwendungen, die ihm gegenüber dem Verkäufer zustehen, unter bestimmten Voraussetzungen auch gegenüber einem anderen Vertragspartner aus einem Finanzierungsgeschäft wirksam erheben zu können, ist sowohl nach § 18 KSchG (aber auch § 13 VKrG) als auch nach den von der Judikatur außerhalb des Anwendungsbereichs des KSchG dafür entwickelten Grundsätzen stets Voraussetzung, dass von einer Person nicht nur sowohl ein Kaufvertrag als auch ein Kreditvertrag mit unterschiedlichen Personen/Vertragspartnern abgeschlossen wird und dass darüber hinaus auch eine sachliche Verbundenheit der beiden Rechtsgeschäfte dergestalt besteht, dass das Kreditgeschäft der (vollen oder teilweisen) Finanzierung des Kaufvertrages dient (sog. drittfinanzierter Kauf). Wenn diese Konstellation vorliegt, stellt sich überhaupt erst die Frage, ob die beiden Rechtsgeschäfte – als weitere Voraussetzung – eine wirtschaftliche Einheit darstellen (vgl. OGH in 3Ob182/15h). Der als Tilgungsträger dienende Versicherungsvertrag (Lebensversicherungsvertrag) scheidet mE überhaupt als zu „finanzierendes Rechtsgeschäft“ in diesem Sinne aus; jedenfalls fehlt es aber an der notwendigen sachlichen Verbundenheit des Versicherungsvertrages mit dem Kreditvertrag, zumal die Kreditvaluta regelmäßig anderen Zwecken diente als der Finanzierung des Lebensversicherungsvertrages. Da diese erste Voraussetzung regelmäßig nicht schon vorliegt, müsste die zweite Voraussetzung, nämlich das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit gar nicht mehr geprüft werden.
3. Darüberhinaus bestand zwischen Kreditgeberin und der Versicherungsgesellschaft, bei der der Kreditnehmer eine Lebensversicherung abgeschlossen hat, regelmäßig keine spezielle vertragliche und ständige Geschäftsbeziehung, sodass es auch an der weiteren Voraussetzung der „wirtschaftlichen Einheit“ zwischen Finanzierungs- und finanziertem Geschäft mangelt (vgl. OGH 3Ob173/17p).
4. Ferner käme – selbst wenn (theoretisch angenommen) im Einzelfall eine wirtschaftliche Einheit zwischen finanziertem Geschäft und Kreditgeschäft bestünde – bei Finanzierung risikoträchtiger Beteiligungen weder unter dem Gesichtspunkt analoger Anwendung des § 18 KSchG, noch wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage ein Einwendungsdurchgriff in Betracht (vgl. OGH 4Ob37/17w; RIS-Justiz RS0044603).
5. Auch der Versuch eines Kreditnehmers, bei einem Fremdwährungskredit auf Basis analoger Anwendung von § 27 KSchG (oder § 3 und 3a KSchG) zu einem Rücktrittsrecht des Verbrauchers zu gelangen, schlug fehl: Wie der OGH klarstellte, soll § 27 KSchG Verbraucher vor den Risiken schützen, die sich bei einem Vorauszahlungskaufvertrag daraus ergeben können, dass entweder die Ware nicht oder nur der Art nach bestimmt und/oder der Preis nicht nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses festgelegt ist. Beim Fremdwährungskredit weiß der Verbraucher, dass er zum Fälligkeitszeitpunkt einen bestimmten Betrag in fremder Währung zurückzahlen muss. Dass der Preis für die Devisen und damit die endgültige Höhe der Kreditbelastung ex ante nicht festgelegt werden kann, ist Ausfluss der Wechselkursunterschiede und der Wechselkursschwankungen und damit gewollter Bestandteil eines solchen Finanzierungsmodells. Zusammengefasst kommt nach der Judikatur des OGH daher § 27 KSchG, der ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers „für Vorauszahlungskäufe“ vorsieht, auf Fremdwährungskredite nicht, auch nicht analog, zur Anwendung (vgl. OGH in 1Ob190/16x).