Das Energieausweis-Vorlagegesetz

Tritt nunmehr auch für Gebäude, die aufgrund einer vor dem 01.01.2006 erteilten Baubewilligung errichtet wurden, ab dem 01.01.2009 in Kraft.

Mit diesem Gesetz wird die Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlamentes und Rates vom 16.12.2002 umgesetzt. Dem neuen Gesetz folgend ist der Verkäufer oder Bestandgeber (Vermieter/Verpächter/Leasinggeber) verpflichtet, beim Verkauf oder der in Bestandgabe von Gebäuden dem Käufer oder Bestandnehmern einen Energieausweis vorzulegen. Der Energieausweis, welcher auch als Ausweis über die Gesamtenergieeffizienz bezeichnet wird, ist ein den Bundes- oder Landesvorschriften entsprechender Nachweis über die Gesamtenergieeffizienz eines Gebäudes. In den jeweiligen landesgesetzlichen Bauordnungen, aber auch den Förderungsbestimmungen der Bundesländer (z. B. Wiener Wohnbauförderungs- und Sanierungsgesetz) wird auf den Energieausweis Bezug genommen. § 63 Abs 1 lit e der Wiener Bauordnung fordert beispielsweise einen höchstens zehn Jahre alten Energieausweis als Einreichunterlage im Baubewilligungsverfahren bei Neu- und Zubauten sowie bei Umbauten, Änderungen und Instandsetzungen von mindestens 25 % der Gesamtnutzfläche bei Gebäuden mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 1.000 m2.

Selbst bei bewilligungsfreien Bauvorhaben ist gemäß § 62 Abs 8 der Wiener Bauordnung, soferne ein Gebäude mit einer Gesamtnutzfläche von mehr als 1.000 m2 vorliegt und die Bauführung die nachträgliche Anbringung einer Wärmedämmung an nicht gegliederten Fassaden rechtmäßig bestehender Gebäude außerhalb von Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre, den Austausch der von Fenstern gegen solche gleichen Erscheinungsbildes (außerhalb von Schutzzonen) betrifft und diese Baumaßnahmen mehr als 25 % der Gebäudehülle umfassen, der Energieausweis vorzulegen. Damit wird der Energieausweis im Bereich des Neubaues zum Standard, er stellt eine Art „Typenschein“ für ein Haus dar. Durch den Energieausweis soll eine allgemein verständliche energetische Kenn¬zeichnung eines Gebäudes zu Vergleichszwecken erzielt werden, wobei die Energieeffizienz von Gebäuden durch Energiekennzahlen ausgedrückt wird. Der Energieausweis stellt keine verbindliche Angabe über den real auftretenden Energieverbrauch dar, da dieser sowohl vom Nutzungsverhalten aber auch von metrologischen Umständen abhängt. Da durch den Energieausweis die Energieeffizienz von Gebäuden relativ unkompliziert verglichen werden kann, wird allerdings deutlich mehr Transparenz auf dem Immobilienmarkt erreicht werden.

Dem Käufer oder Bestandnehmer ist in zivilrechtlicher Hinsicht  bis spätestens zur Abgabe seiner Vertragserklärung ein zu diesem Zeitpunkt höchstens zehn Jahre alter Energieausweis vorzulegen und, wenn der Vertrag abgeschlossen wird, der Energieausweis auszuhändigen. Sofern nur eine Wohnung oder ein Geschäftslokal, nicht aber das gesamte Haus, verkauft oder in Bestand gegeben wird, kann der Verkäufer oder Bestandgeber seiner Verpflichtung durch Vorlage und Aushändigung eines Ausweises über die Gesamtenergieeffizienz dieses Nutzungsobjektes, die Gesamtenergieeffizienz eines vergleichbaren Nutzungsobjektes oder durch die Aushändigung der Gesamtenergieeffizienz des gesamten Gebäudes erfüllen. Sofern dem Käufer oder Bestandnehmer bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung kein Energieausweis vorgelegt wird, gilt – als Gewährleistungsbestimmung eigener Art – eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz als vereinbart. Diese neue Gewährleistungsvorschrift kann durchaus problematisch werden, zumal die  Verpflichtung zur Vorlage und die Rechtsfolge der unterlassenen Vorlage zwingendes Recht darstellt, also auch nicht unter Kaufleuten rechtswirksam abedungen werden kann.

Wird ein Energieausweis im Zuge des Vertragsgeschehens vorgelegt so stellt die dem Energieausweis zu entnehmende Energieeffizienz die zwischen den Vertragsparteien vereinbarte Eigenschaft im Sinne des § 922 ABGB dar, für welche Gewähr zu leisten ist. Für die Richtigkeit dieses Energieausweises haftet dem Käufer (Bestandnehmer) der Verkäufer (oder Bestandgeber), diesem wiederum haftet der den Energieausweis ausstellende Sachverständige.

Problematischer ist die Situation, wenn kein Energieausweis vorgelegt wird; dann gilt eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Energieeffizienz als vereinbart. Sollte der Käufer (oder Bestandnehmer) in weiterer Folge feststellen, dass eine selbst für die Art und das Alter des Gebäudes unterdurchschnittliche Energieeffizienz vorliegt, wird er mit den Mitteln des Gewährleistungs- und Schadenersatzrechtes darauf drängen können, dass ihm die entsprechenden Kosten zur Herstellung einer dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechenden Energieeffizienz vom Verkäufer geleistet werden. Der historische Standard für die jeweilige Energieeffizienz eines Gebäudes wird regelmäßig durch die landesgesetzlichen Bauvorschriften aber auch förderungsrechtlichen Vorschriften vorgegeben. Wer sich also in der Vergangenheit aus wirtschaftlichen Erwägungen für eine günstige, nicht den damaligen Stand der Technik bzw. der bau- und förderungsrechtlichen Bestimmungen entsprechenden Bauweise (hinsichtlich der Energieeffizienz) entschieden hat und im Zuge des Verkaufes oder der In-Bestandgabe seinen Vertragspartnern nicht ausdrücklich durch Vorlage eines Energieausweises auf diesen Umstand hinweist und dadurch die vom historischen Standard abweichende Energieeffizienz zum Vertragsgegenstand macht, wird im Zukunft mit rechtlichen  Problemen rechnen müssen.

Der Käufer eines Gebäudes, welchem der Energieausweis vorzulegen ist, ist unter Umständen– kurz nach dem Vertragsabschluß – sofern er Bestandverträge abschließt oder das Haus ganz oder nach Begründung von Wohnungseigentum einzelne Wohnungen verkauft, selbst gezwungen, einen Energieausweis seien Vertragspartnern vorzulegen. Sofern er von jenem Käufer, welcher ihm das Eigentum am Gebäude übertragen hat, keinen Energieausweis erhält, ist zu erwarten, dass er selbst, beim nächsten Geschäftsfall bei einem berechtigen Sachverständigen einen Energieausweis in Auftrag gibt und ist dann durchaus leicht feststellbar, ob das Gebäude eine Energieeffizienz aufweist, die dem Alter und der Art des Gebäudes  entspricht.

Dr. Erich René Karauscheck ist der auf das Immobilienrecht spezialisierte Partner der Themmer, Toth & Partner Rechtsanwälte GmbH.

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