Kein Oppositionsgrund wenn schon im Titelprozess Aufrechnung möglich war (Anmerkungen zu OGH 3 Ob 148/23w)

Führt der Gläubiger aufgrund eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Titels Exekution gegen den Schuldner, kann der Schuldner (Verpflichtete) gemäß § 35 Abs 1 EO nur insofern Einwendungen erheben, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrundeliegenden Exekutionstitels eingetreten sind; dazu zählen insbesondere Gegenforderungen. Nach ständiger Rechtsprechung bildet die Aufrechnung mit einer Gegenforderung nur dann einen tauglichen Oppositionsklagegrund, wenn deren Geltendmachung im Titelprozess aus objektiven Gründen (noch) nicht möglich war, etwa wenn die Aufrechnungslage erst nach dem gemäß § 35 Abs 1 EO maßgebenden Zeitpunkt eingetreten ist; hätte hingegen das Gestaltungsrecht bereits im Titelprozess eingewendet werden können, kann die (nach Schaffung des Titels erfolgte) Aufrechnung nicht mehr erfolgreich mit Oppositionsklage geltend gemacht werden (3 Ob 115/04i; 3 Ob 290/05a; 3 Ob 6/11w; RS0000786).

Die Begründung des Obersten Gerichtshofes ist überzeugend: Tragende Begründung dafür ist, dass es nicht in das Belieben des Klägers gestellt sein kann, sich im Oppositionsprozess darauf zu berufen, dass er (erst) nach Entstehung des Titels die Kompensationserklärung abgegeben habe. Wäre es zulässig, dass der Verpflichtete die Oppositionsklage aufgrund einer, gleichgültig wann, entstandenen Gegenforderung erhebt, so wäre dadurch in vielen Fällen die Möglichkeit einer mutwilligen Verschleppung der Exekutionsführung gegeben. Der Verpflichtete muss deshalb seine Kompensationsansprüche und seine compensando eingewendeten Gegenforderungen bereits im Titelverfahren geltend machen, sofern er dies kann. Der Normzweck des § 35 EO, nur in bestimmten Fällen die Möglichkeit von Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch einzuräumen, schließt die Ausübung des Gestaltungsrechts der Aufrechnung sowie der Compensando-Einwendung aus, wenn diese dem Oppositionskläger bereits im Titelverfahren möglich gewesen wäre.

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