Rechtsmissbräuchlichkeit des Einwandes gegen eine Konvertierungsklausel beim Fremdwährungskredit – Verbot des „venire contra factum proprium“ (Verbot des widersprüchlichen Verhaltens)

Anmerkungen zu OGH 4 Ob 208/21y und 2 Ob 198/21p

Seit mehreren Jahren verhindert die Rechtsprechung des OGH zur einheitlichen Verjährung von Schadenersatzansprüchen aus behaupteter Fehlberatung bei endfälligen Fremdwährungskrediten mit Tilgungsträgern ein „Spekulieren auf dem Rücken der Bank“ durch Zuwarten, zumal das erstmalige Erkennen der Risikoträchtigkeit des Fremdwährungskredites den Lauf der Verjährungsfrist auslöst (vgl. Einheitliche Verjährung auch beim Fremdwährungskredit / Kein „Spekulieren auf dem Rücken der Bank“ / Anmerkungen zu OGH 10 Ob 51/16x)

Mit ähnlichen Erwägungen hat der OGH die Vorgangsweise des Fremdwährungskreditnehmers, der seit vielen Jahren (Jahrzehnten) einen Fremdwährungskredit in Anspruch genommen hat und nunmehr die im viele Jahre zurückliegenden Kreditvertrag angeführte Konvertierungsklausel als gegen § 6 KSchG und § 879 Abs. 3 ABGB verstoßend beeinsprucht und die Feststellung der Nichtigkeit des Fremdwährungskreditvertrages geltend macht als rechtsmißbräulich zurückgewiesen. Nach dem Verbot des „venire contra factum proprium“ (Verbot des widersprüchlichen Verhaltens) stellt sich der nach vielen Jahren (sogar Jahrzehnten) erhobene Einwand gegen die Konvertierungsklausel als rechtsmissbräuchlich dar. Könnten – so der OGH – sich die Fremdwährungskreditnehmer nunmehr auf die (ursprüngliche) Unbestimmtheit des Kreditvertrages berufen, so könnte sie das fehlerfrei übernommene und trotz Möglichkeit der Konvertierung weiterhin akzeptierte Wechselkursrisiko nachträglich auf die Bank überwälzen, was naturgemäß unzulässig wäre (vgl. OGH 2 Ob 108/21p).  Ähnlich argumentiert der OGH in 4 Ob 208/21y: Ein Vertragspartner, der sich auf Ungültigkeit eines Dauerschuldverhältnisses berufen möchte, muss seinen Vertragspartner zeitnah darüber aufklären; dies gilt auch für den Fremdwährungskreditnehmer und seinen Fremdwährungskredit mit Konvertierungsklausel: Andernfalls könnte der Fremdwährungskreditnehmer die Bank jahrzehntelang über seinen Rechtsstandpunkt im Unklaren lassen und damit im Ergebnis auf dem Rücken der Bank spekulieren.